Vielleicht hat es die Insider ebenso überrascht wie die restlichen Liebhaber von figürlichem Spielzeug: Objekte aus der Werkstatt von Ferdinand Martin haben auf der Bertoia-Auktion in den USA am 22. November 2017 alle Rekorde gebrochen. Zugegeben: Figürliches Spielzeug ist meine Leidenschaft, deshalb mein Interesse an diesem speziellen Spielzeug. Aber mit einem solchen "Ausreißer" hatte auch ich nicht gerechnet.
Im Katalog fing es ganz harmlos an: Inmitten der üblichen Lehmann-Spielzeuge folgten sechs Seiten mit knapp 40 Martin-Erzeugnissen. Die Handschrift des Pariser Blechspielzeug-Fabrikanten Ferndinand Martin war unverkennbar. Erst bei näherem Studium der Katalog-Fotos im Internet wurde klar: Die Spielzeuge schienen wenig bespielt. Üblicherweise kennt man Objekte von Martin zerspielt und unansehnlich. Im Normalfall wirken sie insbesondere als Blechspielzeug nicht alltäglich wegen ihrer empfindlichen textilen Kleidung an denen derbe Kinderhände im Laufe der Jahre ihre Spuren hinterlassen haben. Viel Kleidung ist meist nicht mehr vorhanden. Sie ist unvollständig, verrostet, beschmutzt, kurz: der Zahn der Zeit hat an ihnen genagt.
Ungewöhnlich auch viele Stücke, die bisher noch nicht oder höchst selten auf dem Blech-Markt zu finden waren. Aber sie sind bekannt dank der zahlreichen Literatur über das Wirken von Ferdinand Martin. Niemand hatte allerdings damit gerechnet, dass derartige Highlights in einem so guten Zustand auf den Markt kommen würden. Ein weiteres Plus: Viele Spielzeuge wurden in ihrer Original-Verpackung angeboten. Skeptische Martin-Experten gibt es aber auch. Sie bemängeln den Gegensatz zwischen den nicht unbedeutenden Farbabplatzern auf dem Blechkörper und die fast unbeschädigte Textilkleidung. Kritik ist ja immer interessant, aber sie sollte nicht von Erbsenzählern kommen, die eigentlich nur neidisch sind.
Von Zweifeln war auf der Bertoia-Auktion nichts zu spüren. Im Gegenteil. Als früher Sammler von Lehmann (ich habe meine Sammlung vor Jahren an LGB-Lehmann abgegeben, jetzt stehen diese Exemplare in einer Vitrine im Nürnberger Spielzeug-Museum) habe ich in der Vergangenheit mit Bedauern verfolgt, wie die Preise selbst für rare Lehmann-Stücke sich seit etwa 15 Jahren im freien Fall befinden. Deshalb das allgemeine Staunen über den Konkurrenten aus Paris: Martin im Aufwind. Jeder Zuschlag ein unerwarteter Höhenflug. Martin scheint in der "Oberliga" angekommen zu sein.
Auktionator Michael Bertoia: "Die Martin-Preise in dieser Auktion waren unglaublich. Es war eine große Sammlung, die auf Interesse bei allen Sammlern rund um den Globus stieß. Der makellose Zustand der Spielzeuge und ihrer Verpackungen waren ungewöhnliche selten. Es war für uns eine besondere Freude, diese Kollektion dem internationalen Markt anbieten zu können."
Die Sammlung stammt aus einem New Yorker Nachlass. Er entstand in den 1960/70er Jahren und war in Kisten in einem Schrank gelagert. Gekauft hatte sie seinerzeit ein New Yorker Geschäfts-mann, der häufig nach Paris reisen musste und dabei seine Liebe für das Martin-Spielzeug entdeckt hat.